Die Reform des Vergaberechts tritt am 18.04.16 in Kraft. Sie betrifft die Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte (geschätzter Auftragswert z. B. 209.000 € netto für Liefer- und Dienstleistungen) und soll die bisher komplexe Struktur des deutschen Vergaberechts vereinfachen. Die wesentlichen Regelungen sind im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zusammengeführt und vereinheitlicht worden. Einzelheiten der Vergabeverfahren werden in Rechtsverordnungen, der Vergabeverordnung, der Sektorenverordnung und der Konzessionsvergabeverordnung geregelt. Durch die Reform werden drei neue EU-Richtlinien über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen umgesetzt. Damit entfallen ab sofort die VOL/A-EG sowie die VOF.
Eine wesentliche Neuerung: Das Vergabeverfahren soll künftig weitgehend elektronisch abgewickelt werden, die Umstellung auf elektronische Kommunikation (eVergabe) ist zwingend und muss bis 18.04.2018 in allen Stufen (Bekanntmachungen, Vergabeunterlagen, Angebotsabgabe, Wertung und Zuschlag sowie vollständige Kommunikation) implementiert sein.
Aber Achtung: Bereits seit 18.04.2016 müssen die Vergabeunterlagen unentgeltlich, barrierefrei, vollständig und direkt abrufbar (§ 41 I VgV) auf einer geeigneten Plattform bereitgestellt werden. Konkret bedeutet dies, dass Bietern unabhängig von einer Registrierung des Unternehmens Zugang zur Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen gewährt werden muss (§ 9 III VgV).
Weitere Änderungen betreffen u. a. die Auftragswertschätzung (Stichwort „funktionelle Betrachtungsweise“), die Verfahrensarten (Stichwort „Innovationspartnerschaft“), die einzuhaltenden Fristen, die Losaufteilung (Stichwort „Zuschlagslimitierung und Loskombination“) und die Angebotswertung.
Hier ein kurzer Auszug von wichtigen Neuerungen des GWB Teil 4 für Ausschreibungen im Oberschwellen-Bereich (jetzt ab 209.000,– € für Liefer- und Dienstleistungen):
- Wahl des Vergabeverfahrens: Neu ist die Gleichrangigkeit von offenen Verfahren und nicht offenen Verfahren. §119 GWB : „Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zur Verfügung“
- Neue Fristen: Die Angebotsfristen werden verkürzt. Für offene Verfahren beträgt die Frist nun nur noch mindestens 35 Tage (§15 VgV), die Teilnahmefrist im nicht offenen Verfahren beträgt mindestens 30 Tage. Können Angebote nur nach einer Ortsbesichtigung erstellt werden, so sind die Fristen angemessen zu verlängern.
- Vorgaben der elektronischen Kommunikation: Grundsätzlich hat der Auftraggeber elektronische Mittel für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten zu verwenden. Die Vergabeunterlagen sind unentgeltlich, uneingeschränkt und vollständig zum Abruf bereitzustellen. Eine Registrierung darf nicht verlangt werden.
- EEE „Einheitliche Europäische Eigenerklärung“: Die EEE ersetzt die Eignungsnachweise. Der Erklärende hat zu versichern, dass einer Auftragsvergabe an ihn keine Ausschlussgründe entgegenstehen. Der Bewerber muss versichern, dass er die Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers zur Eignung erfüllt. Die Eignung ist jedoch nur vorläufig und muss vor Zuschlagserteilung belegt werden.
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